Rückblick: Podiumsdiskussion „Faire Preise entlang der Wertschöpfungskette“

Am 18. April 2024 fand die dritte Veranstaltung unsere Veranstaltungsreihe zu Ernährungsarmut statt, die wir gemeinsam mit der Arbeitslosenselbsthilfe (ALSO), dem Ökumenischen Zentrum Oldenburg (ÖZO) und dem Jugendumweltnetzwerk JANUN veranstalten. In einer Podiumsdiskussion zum Thema „Faire Preise entlang der Wertschöpfungskette“ sind spannende Diskussionen zur Preisgestaltung im Lebensmittelhandel, dem Zusammenhang mit Ernährungsarmut und den Lösungsmöglichkeiten durch politisches und persönliches Handeln entstanden.

In den vergangenen Monaten stiegen die Lebensmittelpreise für uns Endverbraucher*innen stark an,
sodass sich immer mehr Menschen Sorgen machen, wie sie sich den Monat über ernähren sollen.
Gleichzeitig kommt das Geld, was Verbraucher*innen an der Ladentheke mehr bezahlen müssen, nicht bei den Erzeuger*innen an. Viele Erzeuger*innen erhalten einen Preis, der zum Leben nicht reicht und einen umweltschonenden Anbau unmöglich macht. Es fehlen Mechanismen für langfristig stabile und kostendeckende Erzeuger*innenpreise, die ein faires Auskommen und gleichzeitig eine nachhaltige Erzeugung ermöglichen.

In einer ersten Diskussionsrunde ging es darum, wie Preise eigentlich entstehen und wer wie viel dabei mitbestimmen darf. Dabei wurden die Vorteile von Direktvermarktung deutlich, denn der direkte Kund*innenkontakt bietet die Möglichkeit, Preise transparent zu machen und die Entstehung höherer Preise unmittelbar erklären zu können. Eike Frahm von der Hofgemeinschaft Grummersort machte aber klar, dass es auch in der Direktvermarktung Grenzen gebe. So müssten insbesondere bei arbeitsintensivem Gemüse wie z.B. Buschbohnen oder Radieschen die Preise eigentlich noch höher angesetzt werden, was sich vor den Kund*innen jedoch zumeist nicht mehr rechtfertigen lasse.

Ralf Hinrichs (Geschäftsführer der Molkerei Ammerland, Westerstede) und Ottmar Ilchmann (Milchbauer, Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft AbL) gaben Einblicke in die Gestaltung von Milchpreisen und zeigten die Unterschiede zwischen Molkerei-Genossenschaften und Molkereien auf. Genossenschaften bieten den Vorteil, dass die Landwirt*innen selber die Preise mitbestimmen können. Bei Molkereien hingegen besteht kein Mitspracherecht, wodurch hoher Preisdruck herrscht. Die Preise werden zudem erst nach dem Milchankauf von der Molkerei festgelegt. Dies ist für Landwirt*innen natürlich höchst problematisch, da sie nicht kalkulieren können.

Dass im Handel generell ein hoher Preisdruck herrscht, machte Christoph Gerhard von „Die Regionalen GmbH Berlin“ deutlich. Obwohl der Biohandel anders gestartet ist und auch nach wie vor Bestrebungen hat, Preise so zu regeln, dass die Erzeuger*innen ein faires Auskommen haben, kann sich auch der Biohandel nicht der Marktlogik und dem Wettbewerb entziehen. Daher ist der Preisdruck auch im Biobereich inzwischen ähnlich hoch wie im konventionellen Handel.

Michael Bättig von der Arbeitslosenselbsthilfe (ALSO) schlug die Brücke von der Preisgestaltung hin zur Ernährungsarmut: Er bemängelte das Argument der Discounter, dass Preise so günstig sein müssten, damit sich alle diese Lebensmittel leisten könnten. Menschen mit geringem Einkommen würden sich dies nicht aussuchen und würden natürlich auch nicht wollen, dass Erzeuger*innen darunter leiden müssen, dass sie zu günstigen Lebensmitteln greifen müssen. Daher müsse es andere Lösungen geben, damit sich auch Geringverdiener*innen nachhaltige Lebensmittel leisten können. Daher arbeitet die ALSO auch schon seit langer Zeit mit der AbL (Arbeitsgemeinschaft Bäuerliche Landwirtschaft e.V.) zusammen.

In der zweiten Diskussionsrunde ging es darum, welche Lösungen es auf politischer aber auch persönlicher Ebene geben kann: Wo kaufe ich als Konsument*in ein und welches System unterstütze ich damit? Welche politischen Möglichkeiten gibt es, um Minusgeschäfte zu verhindern? So gibt es in anderen Ländern bereits Regelungen die festlegen, dass Lebensmittelpreise nicht niedriger sein dürfen als die entstandenen Produktionskosten und dass Preise vor dem Verkauf festgelegt werden müssen (wie in jeder anderen Branche auch).

Wir freuen uns auf den nächsten Termin unserer Veranstaltungsreihe zum Thema Ernährungsarmut am 06. Juni 2024.

 

Über die Veranstaltungsreihe:

Ausreichende und gesunde Ernährung für alle? Sollte selbstverständlich sein – ist es aber nicht. Schätzungen zufolge sind in Deutschland drei Millionen Menschen von Ernährungsarmut betroffen. Das sind 3,5 Prozent der Bevölkerung. Die Covid-Pandemie, steigende Energiekosten und die Inflation haben die Situation weiter verschärft. Aber statt über wirksame Gegenmaßnahmen nachzudenken, wird wieder einmal über Kürzungen des Bürgergelds diskutiert. Gleichzeitig gehen Menschen aus der Landwirtschaft auf die Straße, um auf ihre schwierige Situation aufmerksam zu machen.

In dieser Veranstaltungsreihe wird das Thema Ernährungsarmut in Deutschland sichtbar gemacht. Ursachen, Folgen und Lösungsansätze werden diskutiert, faire Preise von der Erzeugung bis zum Endverbrauch thematisiert und Stimmen von Betroffenen wird Gehör verschafft. Das Projekt wird gefördert durch die Stadt Oldenburg.